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Illenau -
19.Jahrhundert

Die Illenau in ihren Anfangsjahren

Die 1842 eingeweihte Heil- und Pflegeanstalt Illenau entwickelte sich als eigentlicher Wirtschaftsmagnet für die Stadt Achern.
Dem ersten Anstaltsleiter Christian Roller und damit der ganzen Anstalt gelang es, aufgrund einer völlig neuen Konzeption der Unterbringung psychisch Kranker zum Mittelpunkt damaliger Behandlungsmethoden zu werden. Das sollte der Heil- und Pflegeanstalt Illenau nicht nur viele wohlhabende, sondern auch ausländische Patienten bescheren (um die Jahrhundertwende waren um 650 Patienten die Regel).
Beispielhaft sei hier, wegen seines Bekanntheitsgrades als Kinderbuchautor, die Verbindung zwischen Roller und dem Verfasser des Struwwelpeter, Dr. Heinrich Hoffmann, erwähnt. Hoffmann, wie Roller Psychiater, folgte bei seiner Anstaltsgründung in Frankfurt getreulich dem architektonischen Vorbild der Illenau.
Fast im gesamten 19. Jh. mit seinem häufigen Wechsel von Behandlungsarten und zahlreichen Anstaltsneugründungen gab es einen lebhaften psychiatrischen „Anstaltstourismus“ und die Illenau war von Anfang an ein absolutes „Muss“. 

Mit ihren Betrieben (Wäscherei, Bäckerei, Küche, landwirtschaftliche Betriebe) stellte die Illenau einen nicht zu unterschätzenden Arbeitgeber dar. Die Einwohnerzahl Acherns wurde auch durch den Zuzug von Ärzten, Beamten und Angestellten deutlich erhöht.

Als Heil- und Pflegeanstalt bestand die Illenau bis zum Jahr 1940 – die Euthanasiemaßnahmen der Nationalsozialisten machten auch hier nicht Halt. Ein Teil der Patienten wurde in die Heil- und Pflegeanstalt nach Emmendingen verbracht, andere wurden mit den „grauen Bussen“ nach Grafeneck gefahren und fanden in den dortigen Gaskammern den Tod. Im Oktober 1940 wurde eine Reichsschule für Volksdeutsche in der Illenau eingerichtet, insbesondere für Mädchen aus Südtirol, deren Eltern sich zum Deutschtum bekannten. Eine sog. „NPEA“, also eine NS-Eliteschule, auch "Napola" genannt, wurde im Frühjahr 1941 für Mädchen eröffnet. Sie bestand bis zum Frühjahr 1943. Anschließend wurde im Herbst eine „Napola“ für Jungen gegründet, die bis zum Kriegsende mit etwa 100 Schülern Bestand hatte.
Von 1942 bis 1943 waren knapp 50 Mädchen, die von Polen aus über den Verein "Lebensborn" verschleppt wurden, weil sie „arischen“ Merkmalen entsprachen und hier „germanisiert“ werden sollten, ebenfalls in der Illenau  untergebracht. Vier Mädchen wurden in das berüchtigte Lager von Litzmannstadt gebracht, wo sie vermutlich den Tod fanden, einige wurden in deutsche Pflegefamilien vermittelt und einige konnten nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Polen zurückkehren. Nach dem Einmarsch der Franzosen 1945 wies die französische Besatzungsmacht polnischen und russischen Kriegsgefangenen die Illenau als Unterkunft zu. Von dieser Zeit an wurde der gesamte Komplex bis zum Jahr 1994 durch französische Streitkräfte genutzt (am 29.04.1999 wurde das französische Militär, das zuletzt in der Heid stationiert war, offiziell durch die Stadt Achern verabschiedet). Nach einigen Jahren des Stillstandes und darauffolgenden Umbaumaßnahmen konnten 2008 die ersten Privatpersonen einen Teil des ehemaligen Anstaltsgebäudes als Wohnraum nutzen. Zum Ende des Jahre 2009 sind die Mitarbeiter des Bauamtes in ihr neues „Technisches Rathaus“ in der Illenau gezogen.